Fachkräfte aus dem Ausland haben es oft nicht leicht auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Die Netzwerke fehlen, die Bewerbungsstrategien sind oft nicht bekannt und die Orientierung fällt schwer. Wo formale Unterstützung nicht ausreicht, unterstützt die IQ Mentoring-Partnerschaft.
Mit dem offiziellen Start der Mentoring-Partnerschaft Passau im November 2023 eröffnet sich für neu zugewanderte Akademikerinnen und Akademiker eine einzigartige Chance, ihren Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen. Unterstützt von ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren aus der Region bietet das Programm eine individuelle Begleitung für sechzehn Mentees aus neun verschiedenen Ländern.
Die Vielfalt der Teilnehmer spiegelt sich nicht nur in ihrer Herkunft, sondern auch in ihren unterschiedlichen beruflichen Hintergründen wider. Von Psychologen über Wirtschaftswissenschaftler bis hin zu Architekten – die Mentoring-Partnerschaft Passau vereint Fachkräfte aus diversen Berufsfeldern mit ehrenamtlichen Mentor*innen aus der Region. Gemeinsam haben sie das klare Ziel, eingewanderten Akademikerinnen und Akademikern den beruflichen Wiedereinstieg in Deutschland zu ermöglichen.
Wie die Mentoring-Partnerschaft unterstützt, zeigen folgende aktuelle Tandems.
Mentorin: Frau Siska Thiele, Geschäftsführerin S&K Solutions GmbH
Mentee: Herr Mohammad Mansoor Ebadi, Wirtschaftswissenschaftler mit 10-jähriger Erfahrung aus Afghanistan
Das Tandem, bestehend aus Mentorin Frau Siska Thiele, Geschäftsführerin der S&K Solutions GmbH, und Mentee Mohammad Mansoor Ebadi, einem Wirtschaftswissenschaftler mit über 10 Jahren Berufserfahrung aus Afghanistan, veranschaulicht den Ablauf der Zusammenarbeit in Tandem.
Mansoor kam im Oktober 2021 nach Deutschland. In Afghanistan hatte er Wirtschaftswissenschaften studiert und mehr als ein Jahrzehnt für eine deutsche Organisation gearbeitet. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, waren er und seine Familie in großer Gefahr. Glücklicherweise erhielt er Unterstützung und konnte nach Deutschland evakuiert werden. Nach seiner Ankunft bemühte er sich darum, die deutsche Sprache schnell zu erlernen, um sich rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Doch dieser Weg war schwieriger als gedacht: „Ich habe sehr viele Bewerbungen für verschiedene Stellen abgeschickt, und zurück nur Absagen oder gar keine Rückmeldungen erhalten. Durch die Mentoring-Partnerschaft erhielt ich gezielte Unterstützung, die mir den richtigen Weg aufzeigte“, sagt Mansoor.
Die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten. Frau Thiele, Geschäftsführerin der S&K Solutions GmbH in Passau, bot Mansoor ihre Unterstützung beim Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt an: „Mansoor ist motiviert und hat bereits bei unserem ersten Gespräch gesagt, dass er wieder beruflich Fuß fassen möchte. Bei unseren Treffen haben wir über seine Vorstellungen gesprochen, Klarheit geschaffen und neue Ziele gesetzt. Er durfte unser Unternehmen kennenlernen, hospitierte in verschiedenen Abteilungen und nahm an internen Schulungen teil“, erklärt Frau Thiele. Während der Zusammenarbeit stellte sich heraus, dass Mansoor eine Bereicherung für das Unternehmen sein kann, und er erhielt ein Jobangebot für eine geringfügige Beschäftigung. “So können wir ihn gezielt unterstützen und er hat die Möglichkeit, die Fachsprache zu lernen und anzuwenden, das Arbeitsleben kennenzulernen sowie die deutsche Kultur und die Erwartungshaltung im Job zu verstehen“, sagt Frau Thiele. Mansoor ist sehr dankbar, dass er endlich beruflich Fuß gefasst hat: „Die Mentoring-Partnerschaft hat mir geholfen, das Unbekannte zu entdecken, Zeit und Energie bei der Jobsuche gespart und mir verschlossene Türen geöffnet. Deutschland hat mir bereits so viel gegeben, dass ich gerne etwas zurückgeben möchte. Ich bin Fr. Thiele sehr dankbar für die Begleitung und möchte mich in diesem Unternehmen weiterentwickeln.“, sagt Mansoor.
Durch die Teilnahme an der Mentoring-Partnerschaft können regionale Unternehmen und internationale Fachkräfte voneinander profitieren. „Auf diese Weise haben Unternehmen Kontakt zu potenziellen Praktikanten und neuen Mitarbeitern. Es ist ein Lernprozess für beide Seiten, auch wir profitieren davon.“, erklärt Frau Thiele.
Mentor: Herr Phil-Levin Scholz, Marketingreferent bei Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG
Mentee: Frau Anastasiia Isakova, Managerin in der öffentlichen Verwaltung
Das zweite Tandem, bestehend aus Mentor Phil-Levin Scholz, Marketingreferent bei Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG, und Mentee Isakova Anastasiia, Managerin in der Öffentlichen Verwaltung, erklärt den Ablauf und betont die harmonische Zusammenarbeit im Laufe der Mentoring-Partnerschaft.
Anastasiia kam 2018 nach Deutschland, um ihrem Mann zu folgen, der hier beruflich tätig war. Sie hatte in ihrer Heimat öffentliche und kommunale Verwaltung studiert und war Beamtin. Nach ihrem Umzug nach Deutschland war ihr klar, dass sie in ihrem Berufsfeld nicht mehr arbeiten kann. Sie musste sich neu orientieren. Anastasiia entdeckte ihre Leidenschaft für Social Media Marketing und Video-Editing und erwarb sich Kenntnisse durch verschiedene Kurse. Um diese Fähigkeiten in die Praxis umzusetzen, wird Anastasiia von ihrem Mentor Phil-Levin Scholz unterstützt., der über umfangreiche Expertise im Marketingbereich verfügt. „Am Anfang lag der Fokus neben dem Kennenlernen auf der strategischen Ausrichtung: Welche Stärken und Schwächen hat Anastasiia? Wo ist noch Potenzial, und wie kann sie sich auf dem Arbeitsmarkt positionieren? Auch grundlegende Fragen haben wir gemeinsam besprochen, wie etwa die Jobsuche oder die Definition eines fairen Gehalts. Danach ging es an die praktischen Herausforderungen: Bewerbungsschreiben und Lebenslauf, aber auch darum, wie man ein berufliches Netzwerk aufbaut. “ sagt Phil-Levin. Er empfindet die Erfahrung als Mentor als äußerst bereichernd für sich selbst. Er schafft ein unterstützendes Umfeld und hilft seiner Mentee, Selbstvertrauen zu gewinnen, ihre Stärken zu erkennen und Herausforderungen kreativ zu meistern: “ Durch unsere gemeinsamen Projekte lernen wir beide. Eine der wichtigsten Lehren für mich ist die Kraft der Empathie und des aktiven Zuhörens. Indem ich die persönlichen und kulturellen Hintergründe meiner Mentee verstehe, kann ich sie bei ihren Wünschen besser unterstützen. Das hilft nicht nur Anastasiia, sondern bereichert auch mich als Mentor.“
Anastasiia schätzt es sehr, dass sie von Phil-Levin auf diesem Weg begleitet wird: „Die Arbeit in Tandem hat mich sehr vorangebracht. Phil-Levin hat mich motiviert und ich bin nun überzeugt, dass ich einen guten Job finden kann. Ich habe wertvolle Tipps und Anleitungen erhalten und fühle mich von meinem Mentor sehr unterstützt. Die Kommunikation verläuft harmonisch und das Lob, das ich bekomme, motiviert mich sehr“.
Eine Win-Win Situation: Vorteile für Mentees sowie für die lokalen Unternehmen
Von der Mentoring-Partnerschaft profitieren nicht nur die Mentees selbst, sondern auch die regionale Wirtschaft. Bei den Mentees handelt es sich um gut ausgebildete Fachkräfte, die von vielen Unternehmen dringend gesucht werden. Die Mentoring-Partnerschaft leistet daher einen wichtigen Beitrag gegen den Arbeitskräftemangel und fördert die Arbeitsmarktintegration von Menschen, die bereits in Deutschland leben, denn sie sind ein wichtiges Potenzial für die lokalen Unternehmen.
„Die Sprache und der Berufseinstieg sind zentrale Aspekte für ein selbstbestimmtes Leben und eine gelungene Integration. Mit der Mentoring-Partnerschaft werden Personen mit Migrations- oder Fluchthintergrund mittels Branchenwissen, Netzwerken und dem direkten Austausch mit einer Mentorin oder einem Mentor dabei unterstützt und begleitet“, erklärt Tatiana Cerescu, Koordinatorin der Mentoring-Partnerschaft Passau.
Wie funktioniert die Mentoring-Partnerschaft von Wirtschaftsforum der Region Passau e.V.?
Das Wirtschaftsforum der Region Passau e.V. unterstützt im Bundesprogramm IQ (Integration durch Qualifizierung) seit fünf Jahren zugewanderte Menschen bei der Qualifizierung und der Vorbereitung auf den deutschen Arbeitsmarkt. Auch die Arbeitgeber werden im Rahmen des Projektes „Fachinformationszentrum Einwanderung Ostbayern“ zu Einreise-, Anerkennungs- und Qualifizierungsoptionen von Fachkräften aus dem Ausland beraten.
Das IQ Projekt „Mentoring-Partnerschaft“ bringt erfahrene Fachkräfte aus der Region als Mentor*innen mit ausländischen Fachkräften, den Mentees, zusammen, um durch persönliche Begleitung Zugewanderten den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen. Bei regelmäßigen Treffen werden Erfahrungen besprochen, Tipps gegeben, Bewerbungen unterstützt und aufkommende Fragen aller Art besprochen. Das Angebot richtet sich an alle ausländischen Fachkräfte, die sprachlich das B1-Niveau erreicht haben und eine Tätigkeit suchen, die ihren Qualifikationen entspricht.
„Wir freuen uns auf Bewerbungen von Mentees “, sagt Tatiana Cerescu und ermuntert noch mal den hier lebenden ausländischen Fachkräften mit im Ausland erworbenen Qualifikationen, zielstrebig ihren beruflichen Weg zu verfolgen. Es werden außerdem noch weitere Mentor*innen für potenzielle Mentees gesucht.
Tatiana Cerescu
Die Mentoring-Partnerschaft Passau
tatiana.cerescu@wifo-passau.de
0851 966 256 15