„IQ-Fachberatung: Unterstützung für ausländische Fachkräfte und Arbeitgeber“

„IQ-Fachberatung: Unterstützung für ausländische Fachkräfte und Arbeitgeber“

„IQ-Fachberatung: Unterstützung für ausländische Fachkräfte und Arbeitgeber“ 1748 1240 Wirtschaftsforum der Region Passau e. V.

Mengkofen. Rund 160 Angestellte beschäftigt Geschäftsführer und Firmengründer Norbert Helmel in seiner PhysioKlinik im Aitrachtal (Lkr. Dingolfing-Landau). Es könnten sogar noch mehr sein. Doch auch im Gesundheitswesen tobt der Fachkräftemangel. Der Inhaber hat daher seine Fühler ins Ausland ausgestreckt: Vor eineinhalb Jahren kam Yara Rebba aus Ägypten nach Niederbayern und verstärkt das Team der Physiotherapeuten in der Fachklinik. Weitere fünf Physiotherapeuten aus dem Land der Pyramiden sollen folgen. Die Einrichtung möchte hier beispielgebend sein und anderen Gesundheitseinrichtungen der Region Hilfestellung leisten, zeigte Norbert Helmel bei einem Fachgespräch zum Thema „Fachkräfte aus Ägypten“ auf.

Yaras Studium in Ägypten dauerte sechs Jahre

Yara Rebba wollte immer schon auswandern. Die 26-Jährige mit dem offenen Lächeln verrät: „Eigentlich wollte ich nach Kanada gehen. Aber meine Familie hatte Deutschland im Sinn, und so bin ich mitgegangen.“ In Kairo ließ sie sich vorher zur Physiotherapeutin ausbilden. „Anders als bei uns ist das ein Studium, das sechs Jahre dauert“, gibt sie in fließendem Deutsch Einblick. Beim Studium hat sie nicht nur Anatomie gebüffelt, sondern auch deutsche Vokabeln. Und so schrieb sie im November 2022 eine E-Mail an die PhysioKlinik Aitrachtal mit der Anfrage, ob sie dort anfangen könnte. Nach kurzer Beratungszeit sagten die Verantwortlichen zu und beschlossen, den Weg zusammen mit Yara zu gehen.
„Wir denken seit jeher nicht in Problemen, sondern in Lösungen“, sagt Norbert Helmel. Der Fachkräftemangel belaste auch seine Einrichtung. „Wir unternehmen daher große Anstrengungen, uns gut aufzustellen. Dabei denken wir möglichst global und nicht regional.“ Yaras Bewerbung sei ein wundervoller Zufall gewesen und gleichzeitig der Trigger, sich in Ägypten nach Fachkräften umzusehen. Den Worten des Klinikchefs nach klappt alles hervorragend: „Sie hat sich sprachlich und menschlich unglaublich schnell integriert.“ Die neue Fachkraft ist übrigens normal angestellt, wird wie ihre Kolleginnen und Kollegen entlohnt. Auch Yara ist begeistert: „Es macht mir sehr viel Spaß. Ich fühle mich wohl.“ Einen richtigen Kulturschock hat sie nicht bekommen, als sie die Millionenstadt Kairo verließ und ins kleine Mengkofen zog. „Aber eine Umstellung war es schon, doch ich habe sie gemeistert“, gibt sie lächelnd zu. „Ich musste mich daran gewöhnen, dass die Geschäfte schon um 20 Uhr schließen. Daheim haben sie rund um die Uhr geöffnet.“ In Deutschland sei sie sehr gut unterstützt worden.

Allerdings gab es auch einige Hürden – so musste sie ihren Führerschein noch einmal machen. Was sie schon ein wenig geschockt hat, war der Dialekt: „Ich konnte am Anfang überhaupt nichts verstehen, jetzt habe ich mich daran gewöhnt.“ Das Wirtschaftsforum der Region Passau war das Bindeglied zwischen Yara und der Regierung von Niederbayern. Die IQ-Fachberatung am Wirtschaftsforum berät und unterstützt sowohl ausländische Fachkräfte als auch Arbeitgeber zu Qualifikations- und Beschäftigungsmöglichkeiten von Fachkräften aus dem Ausland, zeigen Christine Lindmeier, Leitung der IQ-Fachberatung, und Qualifizierungsbegleiter Dr. Alexander Ponomarov auf. Der Beruf des Physiotherapeuten unterliegt in Deutschland den strengen Vorschriften, die eine formelle Anerkennung der in Deutschland erworbenen Qualifikationen erforderlich machen. Das Wirtschaftsforum hat laut Lindmeier Yara Rebba sowie das Unternehmen von Anfang an umfassend über die Möglichkeit zur Anerkennung, Einreise und Beschäftigung beraten. Yara durchlief eine achtmonatige Qualifizierungsmaßnahme, dadurch ist sie nun in Deutschland als Physiotherapeutin anerkannt.

Marianne Kräh, Verwaltungsleiterin an der PhysioKlinik im Aitrachtal, rät, sich von der Bürokratie nicht abschrecken zu lassen: „Man muss es einfach nur machen“, erklärt sie. „Es ist machbar, und es lohnt sich.“ Thomas Hieninger (CSU), Bürgermeister von Mengkofen, freut sich über die Initiative der Klinik seines Ortes, ebenso wie die Landtagsabgeordnete Dr. Petra Loibl (CSU), die betont: „Wir müssen Möglichkeiten schaffen. Geld allein wird dabei nicht reichen.“ Die PhysioKlinik hat gerade per Zoom Vorstellungsgespräche geführt. Fünf Kollegen von Yara werden in nächster Zeit erwartet. „Wir möchten das gute Beispiel von Yara institutionalisieren. Davon können längerfristig auch andere Gesundheitseinrichtungen profitieren. Wir machen das nicht nur für uns“, betont der Klinik-Chef. Und wie reagieren die Patienten auf Yara? „Sehr positiv“, sagt Verwaltungsleiterin Marianne Kräh. „Erst neulich hat wieder eine Patientin gesagt: ‚Ich war in Behandlung bei der Frau mit Kopftuch und das hat richtig gutgetan.‘“ Die junge Ägypterin freut das. Sie ist gekommen, um zu bleiben.

Von Melanie Bäumel-Schachtner

Dieser Artikel erschien am 23.04.2024 in der PNP

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