Für Schulamtsdirektor Werner Grabl ist klar, dass viele Lehrkräfte gerade einfach froh sind, wieder „normal“ unterrichten zu dürfen. Dennoch ist für ihn jetzt der Zeitpunkt, um in ein neues Projekt zu investieren, das die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im Blick hat. Der theoretische Überbau ist längst da – doch das Thema muss nun auch bei den Menschen ankommen und in den Schulen der Region verankert werden, so Grabl. 70 Mitglieder sind bereits mit dabei, Lehrkräfte, Vertreter der Uni Passau, Verbände, Umweltstationen und andere.
„Nachhaltigkeit ist das Thema, das in Zukunft Schule prägen wird“, sagt Grabl. Umweltbildung, globales Lernen und Demokratiepädagogik sind die drei Säulen, auf denen das „Netzwerk Zukunft Passau“ fußt. „Solange der politische Wille noch nicht wirklich greift, brauchen wir umso mehr Unterstützung aus Gesellschaft und Wirtschaft“, sagt der Schulamtsdirektor.
Für Christian Just, den Vorsitzenden des Wirtschaftsforums, ist das Grund genug, das Projekt zu unterstützen. „Für uns ist es nicht nur sehr glaubwürdig, sondern auch höchst notwendig, dass wir uns in dieser Sache vernetzen“, so Just. Wie fruchtbar die Zusammenarbeit von Wirtschaftsforum und Schulamt sein kann, zeigte sich schon bei der individuellen Lernförderung PASSgenAU. Besonders der aktuell neu eingerichtete Arbeitskreis „Energiewende: Berufe der Zukunft“ unter der Leitung von Schulamtsdirektor Klaus Sterner ist für Christian Just ein gelungenes Bespiel, wie die Wirtschaft vor Ort in die Nachhaltigkeitsthematik eingebunden wird. So ist auch Stefan Aigner als Wirtschaftsvertreter aus dem Arbeitskreis Schule/Wirtschaft festes Mitglied in diesem Arbeitskreis, in dem noch weitere Mitglieder aus dem Wirtschaftsforum teilnehmen werden. Von Stefan Aigner kam auch die Idee, eine Partnerschaft zwischen dem Wirtschaftsforum und dem BNE-Netzwerk des Staatlichen Schulamtes zu bilden. Zehn Arbeitskreise wurden bereits strukturiert, sie befassen sich u.a. mit den Bereichen Ernährung und Gesundheit, Ressourcen und Konsum, Energiewende/Berufe der Zukunft, Naturerfahrung und Lernen vor Ort.
Einer der Köpfe im BNE-Planungsstab von Werner Grabl ist der Passauer Valentin Fuchs. Er studiert Lehramt und ist bei „Fridays for Future“ aktiv. Valentin Fuchs weiß, dass viele Schüler gerade im Bereich Klima und Umweltschutz radikal denken und sich am liebsten ganz von der Schule verabschieden möchten. Hier müsse man ansetzen, um Schüler und ihre Perspektiven bei diesen „brandheißen“ Themen einzubinden. Für ihn ist es wichtig, dass BNE für Lehrer nicht als zusätzliche Belastung verstanden wird, sondern dass hier Hilfestellung geboten werde. „Wir wollen Strukturen bieten und Anleitungen geben, wie Projekte erfolgreich umgesetzt werden können. Das Ziel ist, ein Exempel zu statuieren. BNE ist noch nicht in den Köpfen angekommen. In der Wirtschaft sehr wohl, aber noch nicht in vielen Schulen. Nachhaltigkeit soll Unterrichtsprinzip werden, das Thema muss in jedes Fach reingebracht werden und kann nicht isoliert betrachtet werden. Unsere Aufgabe ist es, das, was da ist, zu sichten und herunterzubrechen für die Region, für die Lehrer, damit Stützstrukturen und Hilfe gegeben werden können. Zum Beispiel, den Pausenverkauf auf Bio umzustellen, das Schulgelände naturnah zu gestalten oder endlich genügend Platz für Fahrräder zu bieten. Es gibt ja meistens schon Initiativen, die aber manchmal wieder versanden“, sagt Fuchs. Er freue sich sehr, dass das Wirtschaftsforum mit dabei ist. Um den Aufwand zu stemmen, der bislang oft nach Feierabend und ehrenamtlich geleistet wird , brauche es noch mehr Unterstützung. Fuchs ist sicher, dass das Thema auch in so manchen Kollegien Energien freisetzen könne, wenn erst mal der Funken gezündet habe.Michaela Würdiger-Gaidas, Grundschullehrerin in Aldersbach, ist in ihrer Funktion als Fachberaterin für Umweltbildung und BNE für das Schulamt im BNE-Team.
Nah dran am Schulalltag ist ihre Fachberaterstelle als Schnittpunkt zwischen Schulamt und Lehrern gedacht. Würdinger-Gaidas weiß: „Einzelansätze sind schön und gut, aber man braucht das große Ganze, um etwas zu bewegen. An manchen Schulen passiert schon viel, an manchen weniger. Lehrer brauchen Unterstützung, weil der Schulalltag schon sehr voll mit verschiedensten Herausforderungen ist.“ Ihr Arbeitskreis kümmert sich um „Kultur der Digitalität“. Das heißt: „Wir arbeiten daran, wie man Digitalisierung und BNE zusammenbringt. Es geht um Gestaltungskompetenzen und wie sich Kinder und Jugendliche in die Gesellschaft einbringen können. Ein Prinzip dabei heißt: Betroffene zu Beteiligten machen. Gerade jetzt, wo sich viele ohnmächtig fühlen und Ängste haben, was die Klimakrise betrifft.“ Ein anderes Beispiel, wie der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht aussehen kann, ist es, z.B. Pflanzenbestimmung mit Hilfe von Bestimmungs-Apps zu ergänzen und auch so an fachspezifische Arbeitsweisen heranzuführen. Generell findet es Würdinger-Gaidas wichtig, dass BNE als Unterrichtsprinzip verstanden wird, also nichts was „oben drauf“ kommt. „Wir lesen nicht irgendeinen Sachtext, sondern über alternative Energien, das liegt in der Gestaltungsfreiheit des Lehrers. Und jeder Lehrer möchte doch seine Schüler fit für die Zukunft machen. Ohne BNE ist das nicht mehr denkbar.“
Von Mirja-Leena Zauner
Dieser Artikel erschien am 05.011.2021 in der PNP