Lehrstuhl für Schulpädagogik, Wirtschaftsforum und Schulämter feiern zehn Jahre PASSgenAU: 660 Lernpaten fördern 7.400 Schüler / Dank an Sponsoren
Universität, Wirtschaftsforum und Schulämter haben mit Vertreterinnen und Vertretern von Sponsoren, Schulen und Lernpaten an der Uni Passau das zehnjährige Bestehen des regionalen Bildungsprojekts PASSgenAU gefeiert. Die Bilanz kann sich sehen lassen: 660 Lernpatinnen und -paten, die der Lehrstuhl für Schulpädagogik der Uni Passau ausbildete, standen in dieser Zeit 7.400 Schülerinnen und Schüler an Grund- und Mittelschulen zur Seite, um ihnen einen Abschluss zu vermöglichen. Stadt und Landkreis Passau, Firmen und weitere Spender förderten das Erfolgsprojekt mit insgesamt 660.000 Euro.
Sängerinnen und Sänger der Hans-Carossa-Grundschule Heining eröffneten unter der Regie von Claudia Kopfinger und Claudia Haydn den Festabend.
Das Staatliche Schulamt Passau unter der Leitung von Schulamtsdirektor Werner Grabl, das Wirtschaftsforum der Region Passau unter dem Vorsitz von Christian Just und der Lehrstuhl für Schulpädagogik von Professor Dr. Norbert Seibert an der Spitze seien die drei tragenden Säulen des Projekts PASSgenAU, sagte Lernpaten-Ausbilder Andreas Aigner von der Uni Passau. Er würdigte den Einsatz der Sponsorinnen und Sponsoren, darunter Stadt und Landkreis Passau, VR-Bank, Sparda-Bank, ZF Friedrichshafen AG, bischöfliches Ordinariat, PNP-Stiftung KPWT Kirschner AG, Lions-Club Passau und Rotary Clubs Passau-Dreiflüssestadt und Rottaler Bäderdreieck. Aigner hob auch die Schulen hervor, die Vertrauen in die Lernpatinnen und -paten der Uni setzten und sie betreuten. Sie seien die heimlichen Stars des Projekts. Die Ausbildung hoch engagierter Studierender zu Lernpaten, denen die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern am Herzen liegt, bereite größte Freude.
Angefangen habe alles mit der „Bildungsregion“, erinnerte OB Jürgen Dupper. Dabei handle es sich um eine der vielen „Etiketten“, die verteilt würden. Auf einer Stadtratssitzung habe der damalige Schulrat Heinz Fuchs empfohlen, sich nicht zu beteiligen und stattdessen „Konkretes“ zu tun. Dies sei der Start von PASSgenAU gewesen. Fuchs habe es als Netzwerker verstanden, viele für die Idee zu begeistern und diese gemäß dem BLLV-Motto „Kein Kind darf verloren gehen“ mit Leben zu erfüllen. Das große Engagement der Wirtschaft dafür zeige, dass es dieser wichtig ist, Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen. So sei eine passgenaue Lösung für die Region entstanden, durch die Tausende Schüler mehr Zukunftsperspektive erhalten.
„Zehn Jahre PASSgenAu sind eine Erfolgsgeschichte“, sagte stellvertretende Landrätin Cornelia Wasner-Sommer, die den Einsatz von Uni, Lernpaten und Wirtschaftsforum dafür ebenfalls lobte. Viele Kinder und Jugendliche erhielten eine Chance, „die es ohne PASSgenAU nicht gegeben hätte“. Nichts sei wertvoller als der Einsatz für die Generation von morgen. Der Landkreis unterstütze das Projekt seit 2013/14. Ziel sei, Kinder mit erhöhtem Förderbedarf einen erfolgreichen Schulabschluss zu ermöglichen. Dies werde erreicht. Im Schuljahr 2021/22 habe der Kreis 43.000 Euro beigesteuert. Jedes Kind habe Talent. PASSgenAu hebe diesen Schatz.
„PASSgenAU ist ein Vorzeigeprojekt“, betonte Professorin Dr. Christina Hansen, Vizepräsidentin für Internationales und Diversity. Es sei „vorzeitlich“. Das Projekt habe den Bedarf vor dem Zeitgeist, vor den Migrantenwellen erkannt und umgesetzt. Es sei ein Musterbeispiel für Regionalentwicklung und Lehrerbildung, um nicht nur zu reagieren, sondern mit klaren Befunden aus der Bildungsforschung zu agieren und angehende Lehrkräfte darauf vorzubereiten und zu befähigen, aus Analysen Schlussfolgerungen zu ziehen. Es gelte den Fokus auf das zu legen, was heute gelernt werden muss, um die Probleme von morgen zu lösen. Anliegen sei, Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien so auf das Leben vorzubereiten, dass sie die Gesellschaft mitgestalten können. PASSgenAU treffe den Geist der Zeit und rüste für die Zukunft. Sie gratulierte zu der außergewöhnlichen Arbeit und dankte Initiatoren und Unterstüzern.
Podiumsdiskussion:
Ein Podiumsgespräch unter der Moderation von Schulamtsleiter Klaus Sterner zeigte auf, wie es zu PASSgenAU kam und welche Erfolge das Projekt zeitigt. Studien bescheinigten, dass 25 Prozent der Hauptschüler nicht lesen und schreiben können, sagte Schulamtsdirektor a.D. Heinz Fuchs. Auch seine Erfahrungen bestätigten, dass viele Kinder verloren gehen, Schüler ohne häusliche Unterstützung, mit Migrationshintergrund und mangelnden Sprachkenntnissen. Die beste Lehrkraft könne dem nicht gerecht werden. Diese Kinder bräuchten Unterstützung. Grund für PASSgenAU sei, gut ausgebildetes Personal dafür zu schaffen, um das Ziel, dass kein Kind verloren gehen darf, umzusetzen. Zehn Jahre PASSgenAU zeigten, es gelinge. Es biete Kindern mit Förderbedarf individuelle, passgenaue Hilfe, sei Alleinstellungsmerkmal. Heuer würden 1.400 Kinder unterstützt, 400 davon mit ausländischen Wurzeln.
Auf einem Hochschulkongress 2005 sei erklärt worden, die Zahl der 20.000 Schulabgänger ohne Zeugnis in Bayern um 10.000 Jugendliche zu reduzieren. Für ihn zu viele. Er habe daher mit Dr. Doris Cihlars ein Modell entwickelt, um 15 förderbedürftigen Schülern einer von Werner Grabl initiierten Waldkirchner Praxisklasse zehn Studenten zur Seite zu stellen Sie seien ohne Bezahlung regelmäßig nach Waldkirchen gefahren, um den 15 Jugendlichen zu helfen. 14 schafften den „Quali“. Ein Kind zog weg. Es würden leistungsstarke Studierende ausgewählt und als Lernpaten ausgebildet. 80 seien derzeit aktiv.
Die Entscheidung, PASSgenAU gemeinsam mit Schulämtern und Lehrstuhl für Schulpädagogik zu tragen, sei schnell getroffen worden, sagte Christian Just, Vorsitzender des Wirtschaftsforums. Im ersten Jahr sei man mit 50 Schülern der Stadt Passau gestartet. In den letzten zehn Jahren seien 7.400 Kinder und Jugendliche in den Genuss des Projekts gekommen. Dafür seien Sponsorinnen und Sponsoren nötig, die es ermöglichen, dass Lernpaten, die sich mit großem Engagement einbringen, einen kleinen Obulus erhalten. Das Wirtschaftsforum habe insgesamt rund 61.000 Lernhelferstunden von 661 Lernpaten mit 660.000 Euro bedacht. Heuer stünden 121.000 Euro für die Lernpatenstunden bereit. Es gebe wenig Projekte mit dieser volkswirtschaftlichen Effizienz und Wirkung, dass junge Menschen nicht verloren gehen, sondern qualifiziert zur Verfügung stehen. „Der Input Output ist nicht topbar“, fand Just. PASSgenAU habe daher eine Auszeichnung der Bertelmann Stiftung erzielt. Den Erfolg ermöglichten die drei Säulen Uni, Schulamt und Wirtschaftsforum, um Kinder, die drohen wegzudriften, an die Hand zu nehmen. Just appellierte an Professorin Hansen, das Dreierwerk zu erhalten und die Lernpatenausbildung fortzusetzen.
„Bei vielen Kindern ist eine Leistungsverbesserung bemerkbar“, versicherte Silke Salzberger, Leiterin der Hans-Carossa-Grundschule Heining, an der 52 Kinder von PASSgenAU profitieren. Hinzu komme die emotional-psychische Komponente. Lernpaten strahlten positive Energie aus. Das Engagement schwappe auf die Schüler über. Die Lernpaten stärkten das Selbstvertrauen der Kinder in die eigenen Fähigkeiten. Wichtig sei die Beständigkeit. „PASSgenAU ist ein großer Segen“, sagte Salzberger. Sie erzählte von Ahmad aus der Klasse 3a, der dadurch das Lernen gelernt habe und nun abwechslungsreicher schreibe.
„Die Kinder freuen sich auf die Lernpatenstunden“, bestätigte Alexandra Hindinger von der Grundschule Bad Griesbach. Sie genössen das intensive Arbeiten in Kleinstgruppen und die Ruhe. Es gebe einen sichtbaren Erfolg.
Lernpatin Julia Wetzl, die seit vier Jahren an der Grundschule Hauzenberg tätig ist, schilderte, wie sie „PASSgenAU“ in der Praxis umsetzt, um die Lücken der Schüler zu füllen. Sie könne nirgends so viel Erfahrung sammeln. Die Studenten würden durch das Projekt an Selbstbewusstsein gewinnen, berichtete Professor Seibert vom Feedback seiner Lernpaten. Es seien „Elitestudenten“, die besonders Engagierten, die über ein ganzes Schuljahr hinweg sich verantwortlich für zu fördernde Kinder fühlen. Vor „PASSgenAu“ habe es in Bad Griesbach 38 Schulversager gegeben, danach keine mehr. Die Schüler fühlten sich wertgeschätzt. Just sah auch einen Mehrwert für die Wirtschaft. In einigen fehlten fünf Millionen Beschäftigte. Es sei für die Region wichtig, dass kein Talent verloren geht. Schulamtschef Werner Grabl wünschte sich, das Projekt nachhaltig zu halten.
Text von Theresia Wildfeuer
Dieser Artikel erschien am 30.07.2022 in der PNP