Der Start in einen neuen Job ist auch unter normalen Bedingungen nicht leicht: Neue Aufgaben, ein neues Umfeld, neue Kolleginnen und Kollegen. Doch was, wenn das Onboarding mitten in der Pandemie stattfindet und die Einarbeitung nur virtuell stattfinden kann? Unserer neuen Mitarbeiterin Anastasia Kamarauli ist es genau so ergangen. Wir haben Sie zum Ankommen in Passau und zum Jobstart mitten in der Pandemie befragt.
Wifo: Anastasia, Du bist seit November 2020 neue Mitarbeiterin am Wirtschaftsforum der Region Passau. Was sind dort deine Aufgaben in der IQ-Fachberatung?
Anastasia: Ich arbeite als Anerkennungsberaterin und berate unsere Ratsuchenden, dazu zählen Migranten, aber auch Deutsche, die ihre Qualifikation im Ausland erworben haben, zu den Möglichkeiten der beruflichen Anerkennung in Bayern. Ich bin aber mit dem Standort Passau vor allem für Ratsuchende aus Niederbayern zuständig. Wenn man seinen Abschluss im Ausland erworben hat und in Deutschland arbeiten möchte, ist eine Anerkennung in vielen Fällen hilfreich, weil die Arbeitgeber die Fähigkeiten so besser einschätzen können und man eher eine Stelle in seinem erlernten Beruf findet. In den reglementierten Berufen, das sind zum Beispiel Berufe im pädagogischen Bereich oder im Gesundheitswesen, ist eine Anerkennung sogar gesetzlich vorgeschrieben: Ohne Anerkennung gibt es keine Berufszulassung. Die Anerkennungsverfahren selbst sind meist recht kompliziert, da kommen wir ins Spiel und begleiten die Ratsuchenden auf dem manchmal steinigen Weg zum Ziel. Damit leisten wir einen Beitrag zur Arbeitsmarktintegration von Einwanderern und letzten Endes sorgen wir mit unserer Arbeit dafür, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland im Allgemeinen und Niederbayern im Konkreten weiterhin mit Fachkräften versorgt wird.
Wifo: Du kommst ursprünglich aus der Nähe von Frankfurt und hast bis letzten Oktober auch dort gelebt. Was hat Dich dazu bewogen für den Job nach Passau zu kommen?
Anastasia: Hm, es gab mehrere Faktoren: Einerseits war Corona-bedingt die Arbeitsmarktlage natürlich recht schlecht – ich hatte nicht mehr den Luxus mich bei der Jobsuche nur auf den näheren Umkreis zu beschränken. Im Kulturbereich herrschte ja eine ziemliche Flaute, da habe ich mich eher auf den Bereich meines Studiums konzentriert und mich überall beworben. Bayern bzw. Süddeutschland stand bei mir im Fokus, da ich gerne näher bei meinem Freund sein wollte, der in Österreich arbeitet. Und letzten Endes war eine größere Veränderung nach so vielen Jahren in Frankfurt und dem Studium durchaus auch wünschenswert. Als ich dann die Stellenausschreibung fand, dachte ich mir, das wär´ doch was: eine neue Stadt, die nicht weit weg von meinem Freund ist und ein Job, der viele Bezugspunkte zu meinem Studium hat.
Wifo: Was hast Du vorher in Frankfurt gemacht?
Anastasia: Ich habe einen Bachelor in Politikwissenschaft und einen Master in Internationalen Beziehungen/Friedens- und Konfliktforschung gemacht. Politik hat mich schon immer interessiert. Daneben habe ich viel im Kultur- und Veranstaltungsbereich gearbeitet – wir hatten einen georgischen Verein in Frankfurt – ich bin selbst gebürtige Georgierin – und da hab´ ich mich recht stark engagiert. Wir haben verschiedene Veranstaltungen zum Thema Literatur, Kultur und manchmal auch zu politischen Themen gemacht und nebenher hab´ ich halt viel auf Messen gearbeitet, war also schon immer recht flexibel was das Arbeiten anging.
Wifo: Jetzt bist Du in Passau, neue Stadt, neue Arbeitsstelle, neue Kolleg*innen: Gab es etwas, was Dich in den ersten Monaten besonders überrascht hat oder was Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Anastasia: Naja, das war natürlich die, sagen wir mal, Ausnahmesituation in Passau. Als Neuling will man ja die Stadt erkunden, aber das ging dann pandemiebedingt erstmal nicht, ich konnte mir nur die Fassaden anschauen. Das Eingewöhnen war am Anfang natürlich recht schwer. Passau an sich hat mir aber sehr gut gefallen – die Stadt hat ein ganz anderes Feeling, allein schon wegen der außergewöhnlichen Lage. Und obwohl es eine „Kleinstadt“ ist im Vergleich zu Frankfurt, ist es sehr lebendig, hatte ich den Eindruck, auch, oder trotz Corona. Nach vier Wochen war die Entdeckungsphase aber auch schon vorbei, denn dann gings ins Homeoffice.
Wifo: Wie Du gerade gesagt hast, du bist ja mitten in der 2. Pandemiewelle in den Job gestartet. Wie lief denn die Einarbeitung unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen ab?
Anastasia: Erstaunlich gut, finde ich. Dadurch, dass keine persönlichen Beratungen stattfanden, hatte ich mehr Zeit für die Einarbeitung und musste nicht gleich ins kalte Wasser springen. Die Einarbeitung war dadurch in bisschen langsamer und ich hatte die Möglichkeit, mich intensiv mit den Thematiken auseinanderzusetzten – das Thema Anerkennung war für mich ja ganz neu. Andererseits ist das theoretische Erlernen der Beratungsinhalte eine Sache, aber das Anwenden natürlich eine andere. Im Idealfall ist es ja so, dass man direkt auch Fälle hat, die man bearbeitet, um das Erlernte auch anzuwenden und beizubehalten, sonst ist das so ein bisschen wie auswendig lernen, und wenn man das nicht einsetzt, dann verfliegen ein paar Informationen wieder, da muss man öfters mal nachfragen – aber meine Kollegen waren sehr geduldig mit mir. Ab Februar konnte ich dann meine ersten Fälle komplett selbstständig über Videokonferenz und E-Mail beraten.
Wifo: Am Anfang war die Einarbeitung ja noch persönlich, Du warst also noch bei im Büro. Ab Dezember 2020 sind wir dann alle ins Homeoffice und Du hattest keinen persönlichen Kontakt mehr mit dem Rest des Teams und auch keine persönlichen Beratungstermine mit den Ratsuchenden. Wie habt ihr es als Team geschafft in dieser Zeit den Team-Spirit nicht zu verlieren, beziehungsweise, erst zu entwickeln, und wie lief die Beratung dann ab dieser Homeoffice-Zeit ab?
Anastasia: Also, ein Vorteil war schon mal, dass das Team-Feeling von Anfang an da war – zumindest kann ich das von meiner Seite aus so sagen. Ich hab´ mich super wohl gefühlt mit meinen Kollegen und wurde auch sehr herzlich aufgenommen. Dadurch kam schon in den ersten vier Wochen ein Team-Feeling auf – das hat die spätere Homeoffice-Phase natürlich einfacher gemacht. Als es dann ins Homeoffice ging, haben wir tägliche Stand-Ups gemacht: um Punkt 9 haben wir uns über Videokonferenz getroffen und alles Mögliche besprochen, auch die Fälle, die ich bearbeitet habe. Das heißt, der Austausch war trotz Homeoffice sehr intensiv – manchmal gab auch mehrere virtuelle Treffen und zwischendrin standen wir auch immer per WhatsApp in Kontakt.
Was die Beratung der Ratsuchenden angeht: Wir haben ja am Standort in Passau schon vorher viele Emailberatungen gemacht, in der Hinsicht hat sich da nicht groß was verändert. Die wurden dann einfach vom Homeoffice aus losgeschickt. Die persönlichen Beratungen wurden dann eben per Videokonferenz durchgeführt. Das hat ganz gut funktioniert. Auch weil viele unserer Ratsuchenden mit Migrationshintergrund schon Erfahrung damit haben, übers Video zu sprechen, zum Beispiel, wenn sie in die Heimat anrufen. Dennoch gab´s ein paar Dinge, die man bei der Video-Beratung bedenken muss: Langsamer oder deutlicher reden, weil manchmal das Internet nicht einwandfrei funktioniert. Aber da hat man den Dreh auch schnell raus.
Wifo: Wie würdest Du die virtuelle Beratung einschätzten? Kann man das in der Zukunft beibehalten oder sollte man wieder komplett auf persönliche Beratung umsteigen?
Anastasia: Also, ich bin der Meinung das sollte man unbedingt beibehalten, da es für die Ratsuchenden sehr viele Vorteile bringt. Sie müssen nicht mehr unbedingt nach Passau fahren, wie gesagt, wir sind ja für ganz Niederbayern zuständig, so kann man sich in manchen Fällen die Anfahrt sparen. Man ist auch zeitlich flexibler, weil wir dadurch in der Lage sind entweder recht früh oder auch recht spät am Abend noch Beratungen anzubieten. Das ist gerade für Berufstätige oder Familien mit Kindern ganz wichtig, die oft nicht so flexibel sind. Daher werden wir, oder ich auf jeden Fall, dieses Angebot auch weiterhin beibehalten.
Wifo: Die Inzidenzen sinken in den letzten Wochen kontinuierlich und mit dem Impfen geht’s jetzt auch voran. Es sieht also so aus, als ob wir als Team bald wieder ins Büro zurückkönnen. Auf was freust Du dich denn am meisten, wenn Du dann wieder in Passau im Büro bist?
Anastasia: Auf die persönlichen Beratungen natürlich, ich hatte ja noch keine. Aber auch auf das Team und den direkten Kontakt miteinander. Auch wenn man vieles über virtuelle Tools kompensieren kann, ist es nicht dasselbe. Und da es jetzt immer wärmer wird, freue ich mich natürlich auf Passau und das weitere erkunden meiner neuen Heimat.
Wifo: Anastasia, vielen Dank für das Gespräch!